09.02.2012

Über die Ambrotypie




Der fotografische Prozess, den wir anwenden, ist unter dem Namen Kollodium-Nassplatten-Verfahren oder auch Ambrotypie bekannt und wurde 1851 von Frederic Scott Archer erfunden.


Frederic Scott Archer
Es ist eine der ersten fotografischen Techniken überhaupt, die einen enormen Durchbruch in der Fotografiegeschichte bedeutete. Die Belichtungszeit eines Bildes, die davor Stunden einnahm, konnte mit diesem Verfahren auf wenige Sekunden reduziert werden, was einem mit einem Mal neue Freiheiten in der Motivauswahl ermöglichte.

Was heute für selbstverständlich gehalten wird, läutete damals eine neue Ära der Fotografie ein! Mitte des 19. Jahrhunderts, zur Zeit der Regentschaft Königin Victorias, kam es daher zu einem gewaltigen Aufschwung des fotografischen Prozesses, bei dem sich zahlreiche Interessierte zu Gesellschaften zusammenfanden, um sich diesem Fortschritt zu widmen (alleine in London gab es Mitte der 60er Jahre 42 dieser Gesellschaften).

Auch wurden die sogemachten Fotografien um einiges billiger und für fast jederman zugänglich (der Preis entsprach ungefähr einem englischen Pfund, was etwa dem Wochenlohn eines einfachen Arbeiters glich). Fotografen konnten jetzt auf Reise gehen und ganz neue Eindrücke festhalten. Dabei scheuten sie keine Mühe, denn um die Bilder überhaupt erst vor Ort entwickeln zu können, mussten sie im Besitz einer mobilen Dunkelkammer sein (und das konnte teilweise sehr sperrig werden). Nichtsdestotrotz erlebte die Fotografie, passend zur Zeit der industriellen Revolution, einen ungebrochenen Siegeszug auf der ganzen Welt.





Und Dank dem besonderen Prozess befinden sich noch heute viele dieser Bilder, nach über 150 Jahren, in einem sehr guten Zustand und können mit viel Glück dem ein oder anderem auf dem Dachboden der Großeltern in die Hände fallen. Dieses Verfahren gibt einem die Möglichkeit, Augenblicke für die Ewigkeit einzufangen und als Silberbild unter einer hauchdünnen Schicht aus Lavendellack auf Glas zu konservieren. Nicht umsonst trägt es den Namen „Ambrotypie“, was sich von dem griechischen Wort „ambrotos“, das für „unsterblich“ steht, herleiten lässt. Den besonderen Reiz stellt die Ambrotypie dabei in ihrer Funktionsweise dar: Unterlegt man das Glasnegativ mit schwarzem Papier oder Samt, wirkt es als Scheinpositiv und entfaltet seinen ganzen Zauber.

Heutzutage gibt es dafür aber weder fertiges Filmmaterial noch fertige Fotochemikalien – man muss dies alles erst selbst, getreu den ersten Pionieren in der Fotografiegeschichte, herstellen (und erst einmal finden!). Wie wir recht schnell merken mussten, sind Geschick, unglaublich viel Geduld und Handarbeit die ersten Voraussetzungen dafür, dass sich ein Bild überhaupt entwickeln lässt. Deshalb ist es nur verständlich, dass sich nur wenige Fotografen professionell mit dieser Technik auseinandersetzen.

In unseren Augen ist es die Mühe aber alle Mal wert, denn am Ende bekommt man unvergleichlich schöne und einzigartige Fotografien voller Tiefe und Lebendigkeit, die jede für sich ein wertvolles Original darstellt und einen Hauch viktorianischen Geistes in sich trägt.

"Ambrotime" - Studio of Victorian Photography, "Portrait mit Spazierstock", Dmitriy Klein

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